Entwicklungspartnerschaft mit den Hannoverschen Kassen

Seit 2014 engagieren sich die Hannoverschen Kassen in Dedinghausen und unterstützen die Koordination der neuen Dorfprojekte – eine gleichwohl ungewöhnliche wie wertvolle Partnerschaft für unser Dorf.

Interview mit Hilmar Dahlem

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Hilmar Dahlem – Vorstand Hannoversche Kassen

Die Redaktion unser Dorfzeitung D.a. sprach mit Vorstandsmitglied Hilmar Dahlem über sein Unternehmen und warum unser Dorf mit seinen Ideen, die aus der ersten Dorfkonferenz Ende 2012 entstanden sind, das Interesse der Hannoverschen Kassen gefunden haben.

D.a.: Herr Dahlem, Sie sind Vorstandsmitglied der Hannoverschen Kassen. Was ist Ihre Aufgabe dort, was ist die Aufgabe Ihres Unternehmens?

Hilmar Dahlem: Die Hannoverschen Kassen sind ein ethisch-sozial orientierter Unternehmensverbund. Wir bieten betriebliche Altersversorgung und moderne Solidarformen für Einrichtungen und Unternehmen mit besonderem gemeinnützigen, sozialen oder ökologischen Engagement. Mein Arbeitsschwerpunkt liegt im Bereich Moderne Solidarformen. Darunter verstehen wir Formen, die über den traditionellen Versicherungsgedanken von Anspruch und Leistung hinausgehen. So ermöglichen wir zum Beispiel in unserem Sozialfonds Menschen in einem sehr einfachen und transparenten Verfahren eine Reha-Maßnahme in einer Kureinrichtung ihrer Wahl im In- oder Ausland. Gleichzeitig arbeiten wir auch in Projekten zu Themen wie Mitarbeitergesundheit oder Neue Alterskultur mit Mitgliedseinrichtungen und Partnern zusammen.

Wie entstand der Kontakt zu Dedinghausen?

Der Kontakt zu Dedinghausen entstand über Herrn Schulte-Remmert, der 2014 an unserer Veranstaltung „Wie wollen wir leben?“ teilnahm. Was wir dort über die Vorhaben in Dedinghausen hörten, klang so spannend, dass wir mehr darüber wissen wollten. Es folgten weitere Gespräche und dann auch Ideen für eine intensivere Zusammenarbeit.

Die Verbindung eines Dienstleisters für Altersvorsorge zu einem kleinen Dorf, das verschiedene Projekte auf den Weg gebracht hat, erschließt sich nicht auf den ersten Blick …

Das ist so. Es geht in dieser Verbindung ja auch nicht um klassische Versicherungsthemen. Es geht vielmehr um den ursprünglichen Kerngedanken von Versicherung, der heute oft hinter dem Geld verschwindet. Dieser Kerngedanke war, dass Menschen sich zu einer solidarischen Gemeinschaft zusammenschlossen, um gegenseitig Risiken zu tragen. Es war also ein Prozess der Gemeinschaftsbildung, der sich dann eben auch in Geld ausdrückte. Wir machen natürlich das klassische Geschäft der betrieblichen Altersversorgung. Gleichzeitig denken wir auch über den Tag hinaus. Wir sind überzeugt, dass sich die gesamte soziale Sicherung mittelfristig sehr stark verändern wird. Wir werden zu ganz neuen Formen kommen müssen, damit Menschen sich auch in der Zukunft gut versorgen können. Die Frage, wie hier neue, moderne Gemeinschaften entstehen, ist dabei zentral. Es geht um bürgerschaftliches Engagement, persönliche Freiheit und neue Formen des sozialen Miteinanders. Wenn man es so betrachtet, können wir von den Entwicklungen in Dedinghausen sehr viel lernen.

Wie sieht Ihr Engagement in Dedinghausen genau aus? Was wollen Sie damit ermöglichen?

Die Hannoverschen Kassen stellen aus unserem gemeinnützigen Verein heraus Projektmittel zur Verfügung. Mit diesen Mitteln finanzieren wir in sehr bescheidenem Maße einen Projektkoordinator in Dedinghausen. Wir tun dies, weil wir in vielen Projekten die Erfahrung gemacht haben, dass ab einem bestimmten Punkt initiative Menschen auch einen wirtschaftlichen Freiraum brauchen, um die guten Ideen auch tragfähig auf die Erde zu bringen. „Einfach machen“ ist für uns das Motto für diese Initiativmittel. Wir wollen damit die Entstehung von „anfassbaren“ guten Beispiele eines zukunftsfähigen sozialen Miteinanders fördern – und den Menschen Mut machen, ihre Werte auch zu leben.

Sie beschäftigen sich mit der Absicherung von Menschen im Alter. Welche Entwicklungen kommen da aus der Zukunft auf uns zu? Was kann der Einzelne tun? Was können wir als dörfliche Gemeinschaft tun?

Wir haben es mit Entwicklungen zu tun, die jeder aufmerksame Zeitungsleser schon länger verfolgt. Das ist einerseits die demografische Entwicklung, die dazu führt, dass wir alle älter werden. Und das, wie die Statistiken zeigen, häufig auch bei guter Gesundheit bis ins hohe Lebensalter. Wir werden also in Zukunft eine Gesellschaft bekommen, in der sich die Alterszusammensetzung verändert. Eine größere Gruppe an Älteren wird entstehen. Es wird die Frage sein, ob sich diese Menschen in der Gesellschaft engagieren. Das wäre ein Potential mit dem sich sehr weitreichende Perspektiven eröffnen würden. Auf der anderen Seite haben wir es im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung mit einer kontinuierlichen Absenkung des Rentenniveaus zu tun. Die gesetzliche Rente wird schrittweise auf das Niveau einer Grundsicherung reduziert. Verbunden damit hat der Gesetzgeber die Erwartung, dass Menschen über private oder betrieblcihe Altersversorgung selbst etwas tun. Das wird aber bei den niedrigen und mittleren Einkommen kaum möglich sein. Schon gar nicht in einer länger anhaltenden Niedrigzinsphase. Mehr und mehr Menschen werden vor großen Versorgungslücken stehen. Entweder man resigniert und man entwickelt Initiativen wie z.B. gemeinschaftliches Wohnen, Quartiersentwicklung oder Dorfgemeinschaftsentwicklung wie hier in Dedinghausen, um gemeinsam gute Lebensqualität auch in der Zukunft zu gestalten. Dedinghausen kann da als gutes Beispiel vorangehen.

Wie erscheint Ihnen, als Außenstehender, Dedinghausen? Versuchen Sie ein Bild zu entwerfen …

Dedinghausen ist für mich ein Hoffnungsschimmer. Ich sehe viel individuelle Initiative und eine gemeinsame Vision. Wenn es gelingt, dass die Menschen in Dedinghausen weiterhin in ihrer ganzen Unterschiedlichkeit frei und in Eigenverantwortung ihre Gemeinschaft entwickeln, dann ist das schon sehr besonders.

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